Nachruf für Prof. Dr. Dr. Wolfgang Rutz

Mit großer Trauer nehmen wir Abschied von Prof. Dr. Dr. Wolfgang Rutz, einem herausragenden Wissenschaftler, Hochschullehrer und Pionier im Bereich der psychosozialen Gesundheit. Als Direktor des europäischen Programms für Mental Health der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat er sich unermüdlich für die Förderung und den Schutz der psychosozialen Gesundheit in Europa eingesetzt. Als er von der Entwicklung des seinerzeit in Deutschland und Europa ersten Masterstudienganges für Klinische Sozialarbeit in Coburg erfuhr, hat er dies nicht nur aus dem fernen Kopenhagen begrüßt, sondern er hat bei der Eröffnungsveranstaltung im WS 2001/2002 mit einer öffentlichen und viel beachteten Vorlesung seine aktive Mitwirkung in Coburg begonnen. In der Folge hat er neben seiner internationalen Tätigkeit über 20 Jahre lang als Honorarprofessor an der Hochschule Coburg gelehrt und dabei Studierende im Masterstudiengang Klinische Sozialarbeit sowie im Bachelorstudiengang Soziale Arbeit inspiriert und für die sozialgesellschaftliche Relevanz der Sozialen Arbeit sensibilisiert. Immer hat er seine Zugehörigkeit nicht nur zu den Universitäten in Stockholm und Uppsala, sondern auch zur Coburger Fakultät hervorgehoben.   

Seine thematischen Schwerpunkte waren gesellschaftliche Implikationen der psychischen und psychosozialen Gesundheit mit besonderem Fokus auf die internationale Gesundheitsarbeit, eine Thematik, die ihn bis zuletzt – gerade auch in der Zeit der Pandemie – umgetrieben hat. Er hat stets die Relevanz der Klinischen Sozialarbeit an der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit der Hochschule Coburg in Deutschland und international in Zeitschriften und Gremien gefördert, durch Vorträge, Vorlesungen, Seminare und Publikationen. Auch nach seinem Ausscheiden als WHO-Direktor wirkte er weiterhin im politischen Raum, wo er auf Konferenzen u.a. mit europäischen Gesundheitsministerinnen und -ministern die Bedeutung der sozialen und psychischen Dimensionen für die Gesundheit betonte und sich für eine europäische biopsychosoziale Gesundheitsperspektive einsetzte. Indem er als Mediziner immer wieder mit Nachdruck auf die Grenzen eines rein naturwissenschaftlichen Verständnisses der Gesundheit verwies, brachte er auch die gesundheitspolitische Dimension einer Klinischen Sozialarbeit ins Spiel. Kennzeichnend war der von ihm als Mitautor verantwortete und im Jahre 2001 veröffentlichte Gesundheitsreport der WHO („The WHO World Health Report 2001 – New Understanding – New hope“), der eine bahnbrechende Wirkung hatte, indem insbesondere die soziale Dimension der Gesundheit (der psychischen wie auch der körperlichen) in den Fokus gerückt wurde. Er betonte die Notwendigkeit, die soziale Komponente in der Gesundheitsprävention und in der Behandlung quer durch alle gesellschaftlichen Sektoren und Berufe zu stärken. Dieser Aufruf zu großen Anstrengungen in der Entwicklung entsprechender Programme, Studiengänge und neuer (gemeindenaher) Dienste, die die Gesundheits- und Behandlungsthematik aus dem rein medizinischen und naturwissenschaftlichen Kontext herauszuführen hätten, ermutigte uns sehr, die in Coburg begonnene klinische Profilierung der Sozialen Arbeit weiter zu entwickeln.

Neben seinem Wirken als Wissenschaftler und Dozent werden wir uns an Prof. Rutz als einen warmherzigen und großzügigen Menschen erinnern, der sich mit seiner Lebens- und Schaffenskraft für das Wohl seiner Mitmenschen eingesetzt hat. In der Lehre hat er es nicht nur verstanden, aus einer internationalen Perspektive heraus Interesse an der Bedeutung des Sozialen für Gesundheit und Krankheit zu wecken, sondern er hat sich auch mit großer Offenheit für Themen der Studierenden, ihre Positionen und Erfahrungen interessiert. Die im Laufe der vielen Jahre der Zusammenarbeit entstandenen fachlichen Beziehungen wurden durch persönliche Begegnungen und freundschaftliche Verbundenheit vertieft. Sein Tod ist ein großer Verlust für uns. Wir werden Wolfgang Rutz in dankbarer Erinnerung und sein Vermächtnis in Ehren halten. Unsere Gedanken und unser tiefes Mitgefühl gelten seiner Frau, Familie, Freunden und Kolleginnen und Kollegen.

Prof. Dr. Helmut Pauls